Newsletter der Telekanzlei-Bibliothek
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Mitbestimmungsrecht des Personalrats bei Zwist über Urlaubswünsche
Bei Uneinigkeit von Dienstelle und Mitarbeiter über individuelle zeitliche Urlaubswünsche, besteht vor Ablehnung des Urlaubsantrages durch den Dienstherrn ein Mitbestimmungsrecht des Personalrates.
Das entschied das Verwaltungsgericht Mainz (Beschl. v. 08.01.2014 – 5 K 1601/13.MZ). Eine Dienststellenmitarbeiterin beantragte einen Tag Urlaub, welcher ihr vom Dienstherrn unter der Bedingung in Aussicht gestellt wurde, bei Ausfall der zweiten Mitarbeiterin den Dienst zu übernehmen. Damit war die Mitarbeiterin nicht einverstanden und zog den Antrag zurück. Der Personalrat sah im Nachgang sein Mitbestimmungsrecht verletzt. Die Richter gaben dem Personalrat Recht. Ein Mitbestimmungsrecht aus § 80 Abs. 2 Nr. 10 LPersVG bestehe, da über die individuellen zeitlichen Urlaubswünsche eines einzelnen Beschäftigten kein Einverständnis mit der Dienststellenleitung erzielt wurde. Unerheblich sei, ob der Meinungsdifferenz eine Bestimmung der Urlaubszeit für den einzelnen Beschäftigten durch die Dienststelle vorausgegangen ist oder ob die Dienstelle einen Urlaubswunsch des Beschäftigten versagen will. In beiden Fällen bestehe eine Konfliktlage. Zudem sei mit „Festsetzung“ in § 80 Abs. 2 Nr. 10 LPersVG keine ausschließliche Geltung für den Fall einer dienstlich-förmlichen Anordnung durch die Dienststellenleitung gemeint.
Betriebsrat muss Anwaltskosten selbst tragen
Soweit der Betriebsrat erst Monate nach Bekanntwerden eines Missstandes ein arbeitsgerichtliches Eilverfahren anstrengt, muss der Arbeitgeber die dafür anfallenden Anwaltskosten nicht erstatten.
Das geht aus einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm hervor (Beschl. v. 14.10.2013 – 13 TaBV 42/13). Erst ein Jahr nachdem Beschäftigte sich mit Hinweisen auf Mobbing an den Betriebsrat wandten, beschloss dieser ein Mitglied zum Seminar „Mobbing Teil 1“ zu schicken. Als die Firma die Seminarkostenübernahme verweigerte, schaltete der Betriebsrat einen Anwalt mit ein, welcher die arbeitgeberseitige Verpflichtung zur Kostenübernahme im Wege des Eilverfahrens durchsetzen sollte. Indes wies das Gericht darauf hin, dass ein Eilverfahren kein geeignetes Mittel ist um Schulungsteilnahmen durchzusetzen. Daraufhin zog der Betriebsrat den Antrag zurück und verlangte vom Arbeitgeber die Anwaltskosten ersetzt. Die Richter entschieden, dass der Arbeitgeber die Anwaltskosten nicht übernehmen muss. Eine gebotene Sachprüfung im Vorfeld der Einleitung des Eilverfahrens hätte ergeben, dass die Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung nicht per einstweiliger Verfügung verlangt werden könne. Daher liege eine offensichtlich aussichtlose Rechtsverfolgung vor, deren Kosten der Arbeitgeber nicht übernehmen müsse.
Betriebliche Übung: Kein Vertrauen auf kostenloses Parken
Es entsteht kein Anspruch eines Arbeitnehmers aus betrieblicher Übung auf die weitere kostenfreie Nutzung eines Betriebsparkplatzes, wenn der Arbeitgeber die bisherige Parkplatzanlage beseitigt und unter erheblichen Aufwendungen eine neue Parkplatzfläche schafft.
Das entschied das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (Urt. v. 13.01.2014 – 1 Sa 17/13). Auf dem Gelände eines Klinikums standen 558 Parkplätze für Patienten, Besucher und Mitarbeiter entgeltfrei zur Verfügung. Im Rahmen von Neu- und Umbaumaßnahmen fielen die bisherigen Stellplätze weg und es entstanden 634 neue Stellplätze. Für die Nutzung dieser wurde nunmehr auch von den Beschäftigten des Klinikums eine Gebühr von 0,10 Euro pro Stunde bzw. maximal 0,70 Euro pro Tag erhoben. Der klagende Beschäftigte des Klinikums verlangte auf gerichtlichem Wege auch weiterhin die kostenlose Nutzung der Stellplätze. Die Richter wiesen die Klage ab. Es bestehe keine Verpflichtung des Klinikums den Mitarbeiter einen kostenlosen Parkplatz zur Verfügung zu stellen. Ein solcher Anspruch bestehe auch nicht kraft betrieblicher Übung, da der Arbeitnehmer nicht berechtigterweise davon ausgehen könne, dass ihm das Klinikum auch künftig die kostenlose Parkplatznutzung gewähre. Insbesondere da die Arbeitgeberin nicht etwa für ein bereits bestehende Parkgelände plötzlich Gebühren erhebt, sondern dies erst nach einer aufwändigen Umgestaltung des Parkgeländes getan hat.
Keine Aufklärungspflicht des Arbeitgebers bei Betriebliche Altersversorgung
Eine Verpflichtung des Arbeitgebers, auf die Möglichkeit der Entgeltumwandlung hinzuweisen, besteht nicht. Wird ein solcher Hinweis nicht gegeben, erhalten Beschäftigte daher auch kein Schadensersatz.
Das geht aus einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts hervor (Urt. v. 21.01.2014 – 3 AZR 807/11). Der Kläger verlangte nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber Schadensersatz in Höhe von 14.380,38 Euro, da es dieser pflichtwidrig unterlassen habe, ihn auf seinen Anspruch auf Entgeltumwandlung nach § 1a BetrAVG hinzuweisen. Bei Kenntnis hätte er 215 Euro seiner monatlichen Arbeitsvergütung in eine Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung umgewandelt. Die Richter lehnten einen Schadensersatzanspruch ab. Eine Hinweispflicht des Arbeitgebers bestehe weder aus § 1a BetrAVG noch aufgrund seiner Fürsorgepflicht. Mithin liege keine Pflichtverletzung des Arbeitgebers vor.
Fristlose Kündigung eines Geschäftsbereichsleiters
Die fristlose Kündigung des Leiters des Geschäftsbereiches „Haushalt und Finanzen“ der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) ist rechtens. Die Kündigung war die Folge von unautorisierten Geldzahlungen aus dem Vermögen der KBV an Dritte.
Das geht aus einem Urteil des Arbeitsgerichts Berlin hervor (Urt. v. 20.01.2014 – 33 Ca 7880/13). Dem klagenden Geschäftsbereichsleiter der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) wurde wegen erheblicher Pflichtverletzung fristlos gekündigt. Er hatte unautorisierte Geldzahlungen aus dem Vermögen der KBV an Dritte vorgenommen, unter anderem an ein Unternehmen, dessen Mitgeschäftsführer er war. Die Richter hielten die Kündigung für wirksam. Der Kläger habe Zahlungen aus dem Vermögen der KBV in einer Größenordnung von ca. 750.000 Euro an ein Unternehmen vorgenommen, dessen Mitgeschäftsführer er war. Hierfür habe er Haushaltsmittel der KBV zweckentfremdet und bilanzielle Diskrepanzen in dem Unternehmen mit den Mitteln beseitigt. Ohne Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen und ohne Genehmigung habe er zudem Zahlungen von 42.301,37 Euro aus dem Vermögen der KBV an Dritte veranlasst. Aufgrund dieser erheblichen Pflichtverletzungen sei eine fristlose Kündigung gerechtfertigt.
Fristlose Kündigung wegen sexueller Belästigung
Soweit ein Beschäftigter eine Auszubildende nach der Echtheit ihrer Oberweite fragt und ihre Brust berührt, liegt darin eine sexuelle Belästigung im Sinne des AGG. Eine solche berechtigt den Arbeitgeber zur fristlosen Kündigung ohne vorherige Abmahnung.
Der Kläger war als Krankenpfleger bei der beklagten Arbeitgeberin angestellt.
Das entschied das Landesarbeitsgericht Niedersachsen (Urt. v. 06.12.2013 – 6 Sa 391/13). Der klagende Pfleger hatte eine Auszubildende im Frühstücksraum auf ihre Oberweite angesprochen und sie gefragt, ob diese „echt sei“. Am Tag darauf hatte er sie in den Arm genommen, ihr an die Brust gefasst und versucht sie zu küssen. Als die Arbeitgeberin davon erfuhr, kündigte sie ihm fristlos und ohne Abmahnung. Die Richter hielten die Kündigung für wirksam. Nach dem AGG stellen sexuelle Belästigungen im Sinne von § 3 Abs. 4 AGG eine Verletzung vertraglicher Pflichten dar und sind „an sich“ geeignet als wichtiger Grund eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Auch sei es der Arbeitgeberin im Rahmen einer Interessenabwägung nicht zumutbar den Kläger bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zu beschäftigen, da sie überwiegend weibliche Mitarbeiter beschäftige. Das Vertrauen habe der Kläger in schwerwiegender und nachhaltiger Art und Weise durch die sexuelle Belästigung verletzt. Die Kündigung sei gerechtfertigt.
Altersgrenze für Richter ist diskriminierend aber gerechtfertigt
Die Klage einer Amtsrichterin a.D. auf Weiterbeschäftigung über das 65. Lebensjahr hinaus ist gescheitert. Mit Blick auf das Europarecht ist das an sich diskriminierende Hessische Richtergesetz gerechtfertigt.
Das entschieden das Verwaltungsgericht Frankfurt/Main (Urt. v. 27.01.2014 – 9 K 15223/13.F). Die 1948 geborene Klägerin ist Richterin am Amtsgericht a.D. und wollte über das Erreichen ihrer Altersgrenze hinaus, drei weitere Jahre im aktiven Richterdienst tätig sein. Sie hielt das Hessische Richtergesetz für diskriminierend.
Die Richter wiesen die Klage ab. Die starre Altersgrenze des Hessischen Richtergesetzes stelle eine Diskriminierung der betroffenen Richter dar. Diese sei nach der europäischen Richtlinie 2000/78/EG jedoch dann gerechtfertigt, wenn das Gesetz zum Ziel hat, eine ausgewogene Altersstruktur zu schaffen, um die Einstellung und Beförderung von jüngeren Berufsangehörigen zu begünstigen, die Personalplanung zu optimieren. Dieses Ziel müsse zudem mit angemessenen und erforderlichen Mitteln erreicht werden können. Die Maßnahme einer starren Altersgrenze für Richter im aktiven Dienst entspreche einer solchen Zielsetzung, sodass die Diskriminierung gerechtfertigt sei.
Geteiltes Risiko der vorzeitigen Dienstunfähigkeit
Ein Beamter, dem Altersteilzeit im so genannten Blockmodell bewilligt worden ist und der vor Eintritt in die Freistellungsphase wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand tritt, erhält eine Ausgleichszahlung. Allerdings ist diese für Krankheitszeiten auf ein halbes Jahr begrenzt.
Das entschied das Verwaltungsgericht Koblenz (Urt. v. 05.12.2013 – 6 K 708/13.KO). Dem klagenden Beamten wurde im Jahr 2007 Altersteilzeit bewilligt. Dabei sollte sich an eine sechsjährige Arbeitsphase mit voller Dienstleistungspflicht bei hälftiger Besoldung zuzüglich eines Altersteilzeitzuschlags, eine ebenso lange Freistellungsphase mit entsprechenden Bezügen anschließen. Als der Beamte 2012 jedoch wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt wurde, zahlte ihm das beklagte Land einen Ausgleichsbetrag, durch den er für die Zeiten tatsächlicher Dienstleistung sowie für die ersten 182 Tage seiner Erkrankung so gestellt wurde, als ob er sich in einem Vollzeit-Dienstverhältnis befunden hätte. Danach sollte er lediglich die Hälfte seiner Vollzeit-Besoldung erhalten. Darin sah der Kläger eine Schlechterstellung gegenüber einem Vollzeit-Beamten, der während der gesamten Dauer seiner Erkrankung seine Besoldung in voller Höhe fortgezahlt bekommt. Die Richter folgten dem Kläger nicht. Die Risikoverteilung im Falle von Störungen bei der Abwicklung der Altersteilzeit sei in der Altersteilzeitverordnung geregelt. Diese vermeide eine Benachteiligung von Beamten mittels eines finanziellen Ausgleichs. Die dortige Beschränkung des Ausgleichs auf den Zeitraum des tatsächlich geleisteten Dienstes zuzüglich eines Zeitraums von sechs Monaten ohne Dienstleistung, verstoße weder gegen den Gleichheitssatz noch gegen die grundgesetzlich verankerte Fürsorgepflicht des Dienstherrn.
Sturz beim Skifahren ist kein Arbeitsunfall
Es liegt kein Arbeitsunfall vor, wenn sich ein Teilnehmer an einem von Dritten organisierten Ski-Event verletzt. Auch ändere sich daran nichts, soweit die Veranstaltung auf die Pflege und das Neubegründen von Geschäftskontakten ausgerichtet ist und der Verletzte aus betriebsbezogenen Gründen teilgenommen hatte.
Das entschied das Bayerische Landessozialgericht (Urt. v. 31.10.2013 – L 17 U 484/10). Der klagende Geschäftsführer eines Unternehmens hatte auf Einladung einer Volksbank an einem mehrtägigen Ski-Event teilgenommen. Im Rahm dessen wurden auch Informationen zu aktuellen Finanzthemen präsentiert. Zudem nutzte der Kläger die Veranstaltung zur Pflege und Neubegründung von Geschäftskontakten. Als der Kläger bei einer Ski-Abfahrt stürzte und sich ein Riss des rechten Kreuzbandes zuzog, wollte er den Unfall als Arbeitsunfall anerkennen lassen. Die Richter erkannten keinen Arbeitsunfall an. Der Kläger sei mangels versicherter Tätigkeit nicht gesetzlich unfallversichert. Betriebsbezogene Gründe für die Teilnahme an einer Veranstaltung führen für sich noch nicht zu einem gesetzlichen Unfallversicherungsschutz. Ein solcher Schutz bestehe nur, soweit die konkrete Verrichtung, die zu dem Unfall geführt hat, nach ihrer objektiven Handlungstendenz dem Unternehmenszweck gedient habe. Das auf der Ski-Piste geschäftliche Besprechungen stattfänden, sei dagegen schon aus Kommunikationsgründen auszuschließen.
Insolvenzanfechtung: Mitarbeiter dürfen bar ausgezahltes Gehalt behalten
Bezahlt ein zahlungsunfähiger Arbeitgeber noch kurz vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens seine Mitarbeiter im Wege des Bargeschäfts weiter, handelt er nicht zwingend mit Benachteiligungsvorsatz zu Lasten seiner Gläubiger. Das Gehalt kann der Insolvenzverwalter nicht wieder von den Arbeitnehmern herausverlangen.
Das entschied das Bundesarbeitsgericht (Urt. v. 29.01.2014 – 6 AZR 345/12). Die Beklagte war bei der Arbeitgeberin als Alleinbuchhalterin beschäftigt. Die Arbeitgeberin hatte der Beklagten, genau wie allen anderen, ihr Gehalt in bar stets zum Fälligkeitszeitpunkt gezahlt, obgleich bereits das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet wurde. Der klagende Insolvenzverwalter forderte nunmehr die Rückzahlung des ausgezahlten Nettogehalts zur Insolvenzmasse. Die Richter wiesen die Klage ab. Soweit die Entgeltzahlung im Wege des Bargeschäfts erfolge, könne auch bei Kenntnis von der eigenen Zahlungsunfähigkeit der Wille des Arbeitgebers darauf beschränkt sein, eine gleichwertige Gegenleistung für die zur Fortführung des Unternehmens nötige Arbeitsleitung zu erbringen. Hierbei muss ihm eine damit verbundene Gläubigerbenachteiligung nicht bewusst sein.